Julius Stieber: Stärkere internationale Positionierung und Vernetzung

Dr. Julius Stieber ist Kultur­direktor der Stadt Linz und war in dieser Funktion auch an der Antrag­stellung zur UNESCO – Media Arts City involviert. Er erklärt, was die Stadt Linz sich von der Beteiligung am UNESCO-­Netzwerk verspricht.

Julius Stieber
Julius Stieber

Warum ist der Titel UNESCO City of Media Arts für die Stadt Linz wichtig?

Julius Stieber: Linz ist ja die Pionier­stadt der Medien­kunst – mit Ars Electronica 1979 beginnend –, und klarerweise ist das ein Titel, den wir uns unbedingt abholen wollten, weil er uns auch zusteht. Wichtig ist er deswegen, weil er uns erstens einmal in ein gut funktionie­rendes Netzwerk bringt. Das Creative-Cities-Netzwerk der UNESCO besteht aus insgesamt 69 Städten, und hier sind wirklich auch interessante Groß­städte wie Berlin, Buenos Aires oder Helsinki dabei. Anderer­seits gibt es natürlich auch bei den Media-Arts-Städten innerhalb des Creative-Cities-­Netzwerkes – immerhin sind das acht Städte – ebenfalls sehr interessante Partner, wie Sapporo, Tel Aviv oder Dakar, mit denen wir sicher ganz toll kooperieren können. Wichtig ist er auch deshalb, weil der Titel für die Stadt Linz ein Image­träger ist. Das heißt, wir können marketing­mäßig im Bereich Tourismus mit dem Titel ganz offensiv spielen und die Stadt sozusagen auch in ihrer Kennung und Profilierung richtig darstellen.

Wir können mit dem Titel ganz offensiv spielen und die Stadt so auch in ihrer Kennung und Profilierung richtig darstellen.

Welche Möglichkeiten eröffnen sich dadurch? Gibt es irgendwelche Vorteile für die Stadt?

Julius Stieber:  Es gibt keine finanziellen Vorteile, muss man dazu sagen. Der Vorteil ist, dass wir in dieses Netzwerk eingebunden sind und auch aktiver Partner sein werden. Also gerade mit Ars Electronica sind wir für die anderen beteiligten Städte ein sehr attraktiver Partner, und wir wollen diese Rolle auch attraktiv gestalten. Das, was man wirklich davon hat, ist, dass man zu den UNESCO-­Cities gehört, und die UNESCO ist einfach nicht irgendeine Organisation, sondern eine weltweit wichtige und anerkannte. Das Label ist für uns, glaube ich, etwas, womit man wirklich gut operieren kann und von dem man auch etwas hat – vor allem in der Dar­stellung nach außen.

Mit dem geplanten VALIE EXPORT Center, das ja auch Teil des LENTOS, der Linzer Kunstuniversität und der Tabakfabrik Linz sein wird, hat man schon die Chance, den Schwer­punkt Medien­kunst in Linz noch auszubauen.

Was, glauben Sie, ändert sich dadurch für Linz?

Julius Stieber: Ändern wird sich die Attraktivität der Stadt Linz als Stand­ort für innovative Entwick­lung. Ich würde es gerne über die Medien­kunst hinaus definieren. Die Kennung, also Ars Electronica und Linz, die gibt es ja schon, aber ich glaube, es geht darum, dass man die Basis noch erweitert, dass man generell darstellt, dass die Stadt auf vielen Gebieten kreativ, innovativ, zukunfts­orientiert agiert. Da ist, glaube ich, mit dem Label schon noch einmal ein Schub möglich, damit man auch das Aktions­feld Medien­kunst über die Ars Electronica noch hinaus entwickelt. Also vor allem mit dem geplanten VALIE EXPORT Center, das ja auch Teil des LENTOS, der Linzer Kunstuniversität und der Tabakfabrik Linz sein wird, hat man schon die Chance den Schwer­punkt noch auszubauen.

Wie kann sich Linz in dieses Netzwerk einbringen?

Julius Stieber: Wir werden konkret das Media Arts Meeting im Rahmen des Ars Electronica Festival machen, das haben wir schon angeboten. Das ist ein Ziel, das wir haben, damit wir bereits im ersten Jahr unserer Mitglied­schaft ein Netzwerk­treffen veranstalten, zu dem alle Media-Arts-Städte eingeladen werden. Wir werden uns aber darüber hinaus natürlich auch mit dem Kreativ­wirt­schafts­­stand­ort der Tabakfabrik weiter­entwickeln müssen. Das ist ja in gewisser Weise auch ein zweites Stand­bein neben der Ars Electronica, und das muss man natürlich auch substanziell erweitern. Aber da sehe ich die Entwick­lung auf der richtigen Schiene.

Was wir auch einbringen werden, als UNESCO-Netzwerk­partner und als Entwicklung vor Ort, ist eben auch die Gründung des VALIE EXPORT Center als Forschungs­institution für Performance- und Medien­kunst. Dann hätten wir eigentlich drei Aktions­felder, auf denen wir unsere Leistungen und Beiträge im Bereich Medien­kunst erbringen.

Welche Institutionen werden sonst noch maßgeblich daran beteiligt sein?

Julius Stieber: Ars Electronica und die Creative Region GmbH sind die zwei Hauptbetroffenen. Dann natürlich die Tabakfabrik, das OK Offenes Kulturhaus, die Kunstuniversität Linz, auch die Fachhochschule Hagenberg, die ja auch in der Nähe von Linz angesiedelt ist und auch eine starke Rückwirkung auf Linz hat. Dann natürlich auch die Johannes Kepler Universität, die Anton Bruckner Universität, viele Ver­mitt­lungs­ein­rich­tungen und Ausbildungs­einrich­tungen, also von der Medien­werkstatt in der VHS angefangen bis hin zu Schulen, wie die HBLA für Künstlerische Gestaltung. Da sind viele große und kleine Player beteiligt. Auch die freie Szene wird daran natürlich genauso mit Einrich­tungen wie Time‘s Up oder Stadt­werk­stattRadio FRO oder DORF TV eingebunden sein. Sie agieren alle in diesem Feld und sind Teil einer Entwick­lung.

Was sind jetzt die weiteren Schritte?

Julius Stieber:  Die nächsten Schritte sind zunächst einmal rein formale. Das heißt, wir müssen gewisse Auflagen der UNESCO erfüllen. Wir werden eine eigene Homepage machen, ein Logo entwickeln, den Advisory Board zusammen­stellen. Denn wir müssen auch ein eigenes Beratungs­gremium mit Experten und Expertinnen besetzen und die auch nominieren. Das sind einmal die ersten formalen Schritte. Was dann ganz wichtig ist, ist das Voran­treiben des Brandings in der Stadt. Das heißt, im Bereich Tourismus und Stadt­marketing eine Linie zu entwickeln, wie man jetzt mit dem Titel ganz allgemein in der Kommunikation umgeht und wie wir auch logo­mäßig mit diesem Label auftreten wollen. Das ist, glaube ich, ganz wichtig, dass der Begriff in der Stadt und in der Bevölkerung ankommt. Das wird die Haupt­aufgabe des ersten Jahres sein, den Titel entsprechend nach außen zu trans­portieren.

Sie haben Tel Aviv als besonders interes­santes Netzwerk­mitglied genannt. Warum genau Tel Aviv?

Julius Stieber: Tel Aviv ist von der Region her und auch durch die politische Konstellation ein interessanter Partner. Tel Aviv ist vor allem eine sehr europäische Stadt, und Israel ist von den Voraus­setzungen her bestens dazu geeignet, dass wir eine gute gemein­same Basis aufbauen. Auch aufgrund der Zeitgeschichte mit dem Hinter­grund des National­sozialis­mus ist Tel Aviv interessant. Viele Emigran­ten und deren Nach­kommen, die aus Deutsch­land oder Öster­reich stammen, leben dort. Also das sind lauter Aspekte, die interessant sind.

Das Gespräch führte Magdalena Leitner im Jänner 2015 für den Blog der Ars Electronica: http://www.aec.at/aeblog/2015/01/13/linz-als-pionierstadt-der-medienkunst/